Viele Organisationen befinden sich im Umbruch. Veränderungen an der Unternehmensspitze, Digitalisierung und künstliche Intelligenz, Mitarbeitermangel und geopolitische Verwerfungen bringen Herausforderungen mit sich, die scheinbar alle gleichzeitig bewältigt werden müssen. Die häufigste Reaktion ist die, Projekte zu starten. Dabei werden schon vor Beginn von Projekten Entscheidungen getroffen, die es den Projektleitern unmöglich machen, ihre Projekte erfolgreich umsetzen zu können.
Laut einer Studie der Harvard Business Review überschreiten durchschnittliche IT-Projekte das Budget um 27%. Eines von sechs Projekten sprengt das Budget sogar um unglaubliche 200% .
PwC hat 10.640 Projekte analysiert und festgestellt, dass nur 2,5% dieser Projekte erfolgreich abgeschlossen wurden. Das bedeutet, sie erreichten ihre Projektziele, blieben im Budgetrahmen und waren in der geplanten Zeit fertig.
Gartner veröffentlichte 2023 eine Studie, in der 80% der gestarteten Projekte als gescheitert angesehen wurden —sei es aufgrund verfehlter Ziele, überschrittenem Budget oder Verzögerungen.
Etwa 17% der IT-Projekte laufen so schlecht, dass sie sogar das gesamte Unternehmen gefährden können (Quelle: HBR) .
Eines der bekanntesten gescheiterten und am meisten dokumentierten Projekte ist das fehlgelaufene ERP-Projekte von Lidl: https://lnkd.in/d2uVimNK
Thomas Untereichner und ich beraten Unternehmen dabei, hochpriorisierte und unsichere Projekte dabei zu begleiten, erfolgreich abgeschlossen werden zu können. Dabei haben wir festgestellt, dass in fast allen Unternehmen darauf vergessen wird, grundsätzliche Fragen zu beantworten. Beispiele für diese Fragen sind:
"Passt das Projekt zu unserer Strategie?": Die Gründe, warum Projekte in einer Organisation hoch priorisiert werden, sind vielfältig. Wegfall von wichtigen Kunden oder Lieferanten, Personalmangel, Digitalisierungsdruck, neue Produkte des Wettbewerbs, Verlust von wichtigen Märkten, u.v.m. Wenn nun ein Projekt gestartet wird, um ein derartiges Problem zu lösen, muss es unbedingt in einem gesamtunternehmerischen Kontext gesehen werden. Wie passt das Projekt zur Strategie? Muss diese neu entwickelt werden? Wenn diese Kontrolle nicht stattfindet, besteht die Gefahr, dass das Projekt nicht umgesetzt werden kann, weil es keine Einbindung in vorhandene Prozesse und Strukturen gibt.
"Bringt die oberste Leitung das erforderliche Committment und Engagement mit, um das Projekt (unter-)stützen zu können?": Wichtige, dringende und unsichere Projekte brauchen die Aufmerksamkeit und Unterstützung der obersten Leitung. In Form von Präsenz, Kommunikation, Anerkennung und Wertschätzung. Und natürlich dann, wenn Ressourcen benötigt werden.
"Haben wir die Zeit und Ressourcen für das Projekt und was lassen wir weg"?: Meist werden neue Projekte als Add-on zu bestehenden Aufgaben gesehen. Viele Mitarbeitende reagieren resignativ mit innerer Kündigung auf dieses Vorgehen. Daher empfehlen wir, vor Beginn eines Projekts, spätestens aber zu dessen Beginn, den Fokus auf das Projekt zu richten und weniger dringende Aufgaben bewusst dahingehend zu hinterfragen, ob sie aufgeschoben oder reduziert werden können. Gleichzeitig werden Projekte häufig zu groß angesetzt. Das führt dazu, dass sie sehr viel Zeit und Ressourcen in Anspruch nehmen, lange dauern und parallel laufende Entwicklungen in der Umwelt und in der Organisation nicht ausreichend berücksichtigt werden können.
"Haben wir die notwendigen Kompetenzen für das Projekt im Haus und haben wir diese auch, wenn das Projekt ins Tagesgeschäft übergeleitet wird?": Beispiel: In einem Dienstleistungsunternehmen wird ein umfassendes IT-Projekt gestartet. Als Projektsponsor darf ich das Projekt begleiten und soll dafür sorgen, dass dieses für das Unternehmen strategisch wichtige Projekt erfolgreich abgeschlossen werden kann. Allen Projektmitarbeitern wird in den Vorbereitungsmeetings bald klar, dass das Projekt umfassende Auswirkungen auf die gesamte Organisation und deren Kultur haben würde. Angefangen von neuen Prozessen und Zuständigkeiten, über eine neue Datenstruktur mit Verifizierungs- und Automatisierungsmöglichkeiten, hin zu veränderten Kommunikationsstrukturen, und vielem mehr. Das Projekt wurde erfolgreich abgeschlossen (in time, scope, budget) und hat einen maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmenskultur, es entstand eine immer stärker werdende Kultur der Kooperation und der offenen Kommunikation. Viele Mitarbeiter erwarben neue Kompetenzen und fühlten sich neu energetisiert. Gleichzeitig entstanden als Folge des Projekts neue Produkte, die Produktivität wurde erhöht und es entstanden neue Jobs und neue Möglichkeiten für die bestehenden Mitarbeiter.
Ausschlaggebend für den Erfolg von Projekten ist eine positive, kompetenz- und ergebnisorientierte Projekt- und Lernkultur. Nur wenige Unternehmen verfügen zu Beginn von Projekten über alle Kompetenzen, die sie für den erfolgreichen Abschluss des Projekts, bzw. in weiterer Folge im Echtbetrieb benötigen. Diese Kompetenzen können teilweise über ein externes Netzwerk temporär erworben werden, oder sehr bewusst in der Organisation während des Projekts entwickelt, bzw. durch die Rekrutierung neuer Mitarbeiter während des Projekts ins Unternehmen geholt werden.
Wir begleiten hochpriorisierte und unsichere Projekte, indem wir einerseits temporär zusätzliche Kompetenzen einbringen und andererseits aufgrund unserer Erfahrung dann die Projektentwicklung positiv beeinflussen, wenn es notwendig ist. Darüber hinaus schaffen wir auch das Bewusstsein, dass sehr oft die Art und Weise, wie ein Projekt bearbeitet wird, ähnlich große, positive Auswirkungen auf ein Projekt haben kann, wie das Projekt selbst.
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